Freitag, 17. März 2017

Gelbflechte auf Wolle und Seide

Vorab: Bitte komplett lesen und dann anfangen ;)

Das große, weite Internet spuckte mir einige Infos aus, als ich auf der Suche nach blau färbenden Pflanzen war. Färberwaid, Indigo. Alles super. Ne, doch nicht. Im Gespräch mit einer erfahrenen Bekannten stellte sich heraus, dass diese Sachen alle nicht so einfach sind. Um den Farbstoff zu lösen, benötigt man eine Küppe. Was das genau ist, das habe ich bisher noch nicht so recht verstanden. Jeder redet davon, keiner erklärt es. Sollte ich irgendwann schlauer sein, gibts mehr dazu.

Gelbflechte! Irgendwo schnappte ich auf, dass auch Gelbflechte blau färben kann. Klingt komisch? Ist auch so. Als ich mit einer Freundin und ihrem Hund unterwegs war, hatte es kurz vorher gestürmt. Viele Äste waren heruntergefallen, an denen - tadaaaa!! - jede Menge Gelbflechte hing.
Ich packte einen Stoffbeutel voll mit kleinen, heruntergefallenen Ästchen und nahm ihn mit nach hause.

Gelbflechte
Ammoniaklösung 9%
Milchflasche aus Glas
verschraubbares Glas mit weitem Hals (z.B. großes Gurkenglas, gibts in jedem Supermarkt)
Wolle


1. Mit einem Messer die Flechte von den Ästchen schaben, so dass so wenig Rindenreste und Dreck wie möglich drin sind.

2. Ammoniaklösung gibts im Baumarkt. Ich hab 3,49€ für einen Liter gezahlt. Beim hantieren mit der Ammoniaklösung bitte die Sicherheitshinweise auf der Flasche beachten! Die Flechte kommt in die ausgespülte Milchflasche und wird mit der Ammoniaklösung aufgegossen. Zuschrauben, in einem dunklen Schrank verstauen. Ab und an sollte die Flasche geschüttelt werden.

3. Nach ca. sechs Wochen trennt man Flechten und Flüssigkeit. Die Flüssigkeit sollte jetzt tiefrot sein. Theoretisch kann man Krümel und Flüssigkeit auch zusammen lassen. Dann muss man aber die festen Bestandteile aus der Wolle holen. Am Besten füllt man die Flüssigkeit in ein Glas mit einem sehr weiten Hals. Ich empfehle da den großen Gurkentopf, den es quasi in jedem Supermarkt gibt. In die Flüssigkeit drückt man die gebeizte (mehr dazu im Update weiter unten) Wolle. Gut durchweichen und wieder in den dunklen Schrank stellen. Meine Wolle habe ich nach sieben Tagen rausgeholt. Man könnte sicherlich auch kürzer oder länger.

Mein Farbbad war üppig mit Wasser aufgegossen, das Farbergebnis also nicht so stark, wie es hätte sein können.
Hier sind Fotos:

1. Patschnass und frisch aus dem Farbbad

 2. Etwas trockener und nach 10 Minuten im Sonnenschein. Merkt ihr was?

 3. Und das Endergebnis gekämmt und im Kontrast zur Rohwolle


Gelbflechte verblaut an der Sonne. Davon hatte ich gehört und ich brannte darauf es auszuprobieren. Das Ergebnis ist umwerfend! Im wuscheligen Kammzug sieht es aus wie babyblau. Versponnen und dadurch verdichtet wird es zum stahlblau.

Angeblich lässt sich die Reaktion abstoppen, wenn man es ohne Sonne trocknen lässt oder aber zwischendurch aus der Sonne heraus nimmt. Das werde ich demnächst ausprobieren. Das nächste Glas ist bereits befüllt. (mehr dazu s. Punkt 6 des Update)

Update:

1. Ein Test hat gezeigt: Man braucht die Wolle nicht beizen. Das Ergebnis ist offensichtlich das selbe mit und ohne Beize.

2. Das Farbbad ist derart ergiebig, dass ich jetzt bereits die vierte Charge im Glas liegen habe, ohne dass sich ein Unterschied im Farbergebnis erkennen ließe.

4. SEIDE!! Ich habe fein gesponnenes, ungebleichtes (also beiges) Seidengarn in die Lösung gegeben. Das verzwirnte, dickere hat nicht gleichmäßig Licht abbekommen. Deshalb ist es teilweise altrosa, teilweise graublau. Die dünneren wurden gleichmäßig altrosa.



5. Trocknen in der Sonne und mit Bewölkung

Die Verblauung geht einher mit der Trocknung. Was trocken ist, reagiert nicht mehr. Will man also eine möglichst gleichmäßige Farbe, sollte man laaaaaaaaaaaaaange trocknen und die Wolle oft wenden. Dazu bietet sich die Trocknung bei bewölktem Himmel an. Der Effekt ist der selbe, nur bleibt das Farbgut länger feucht. Ist es nicht komplett gleichmäßig verblaut, kann man es auch wieder in den Sud nass machen geben (mehr dazu Punkt 6) und am nächsten Tag noch einmal rauslegen.
Ich habe dazu das Wasser beim auswaschen aufgefangen. Darin habe ich die Wolle über Nacht gelagert. Das hat bereits gereicht. Man sollte dafür nur einen gut schließenden Deckel auf dem Topf haben ;) Es ist noch immer Ammoniaklösung, auch wenns jetzt deutlich weiter verdünnt ist.

6. Verblauung abstoppen

Genau das wollte ich ausprobieren. Und ja, was soll ich sagen? Es funktioniert hervorragend!
Die Verblauung findet statt bei Tageslicht (Kunstlicht habe ich noch nicht ausprobiert), unabhängig von Sonne oder Bewölkung. Lässt man das Farbgut im Dunkeln trocknen, erhält sich die pinke Farbe vom Anfang. Hier habe ich die Verblauung in drei Stufen ablaufen lassen.







...in einen Kammzug zusammen gekämmt...


















...und versponnen...








Die nächste, harte Erkenntnis: Die Reaktion geht weiter, wenn die Wolle nass gemacht wird und wieder am Licht trocknet.
Ich habe für eine liebe Freundin dieses Garn in pink, blau und Lila versponnen, verzwirnt und ins Entspannungsbad gegeben. Und dann an der Sonne trocknen lassen. Und jetzt ist der schöne Dreifarbeffekt so gut wie dahin. Es ist doch nicht zu fassen.

Nächste Erkenntnis, die aber nicht so arg überraschend ist: Lässt man das Material über lange Zeit, in meinem Fall Monate, im Farbbad, dann wird es mürbe und es ist nicht mehr zu gebrauchen.

Kurkuma auf Wolle

Kurkuma. Das ist das Zeug, das dem Curry die gelbe Farbe gibt. Wieso also nicht damit einen Farbversuch machen? Okay, ich habe nachgelesen vorher und wusste in etwa, was mich erwarten wird.

Da es im Februar draußen noch nicht so arg viele Pflanzen gibt, die sich als Färbedroge anbieten würden, habe ich erst mal auf fertige Dinge wie eben Annatto und Kurkuma zurückgegriffen. Wer schnell ein hübsches, einfaches Ergebnis haben möchte, der ist mit beidem gut bedient.

100g Kurkuma gabs im Asialaden für 1,49€

Zur Praxis:

15g Alaun
50g Wolle
ein...äh... Schwups Kurkuma

Diesmal habe ich nicht erst gebeizt, dann gefärbt sondern beide Schritte gleichzeitig gemacht.

Bei diesem Versuch hatte ich auch einen verdrehten Strang Wolle und habe so die recht zweifelhafte Erfahrung gemacht, dass eng aneinander liegende Wollfäden die Farbe nicht so gut aufnehmen. Das hätte ich mir ja eigentlich auch denken können, möchte man meinen. Also lieber locker lassen, so dass die Wolle floaten kann.

Ich habe also das Alaun in kaltem Wasser aufgelöst, den Schwups Kurkuma (ich habe nicht abgemessen) reingetan und dann die Wolle versenkt. Das wurde langsam erhitzt bis es siedete und dann die Temperatur Achtung zwei Stunden gehalten. Das habe ich nachgelesen: Man macht das, wenn man gleichzeitig beizt und färbt. Dann langsam abkühlen lassen.

Beim Auswaschen habe ich festgestellt, dass ich nie und nimmer alle Krümel aus dieser Faser bekomme. Die Wolle rieselt auch in trockenem Zustand noch hier und da. Das nächste Mal würde ich also eher ein Säckchen für die pulverförmige Färbedroge nehmen, dass es mir nicht zwischen den Fasern hängen bleibt.

Das Ergebnis der Aktion war ein blasses senfgelb. Neben dem kräftigen Knallorange der Annattosamen, wirkt das hier fast schon ein wenig schüchtern. 
Das sind die drei Gelbtöne von brauner Zwiebel (der lose Strang), oben auf Kurkuma und unten drunter Annatto.

Annatto auf Wolle



So sah es am Ende aus. Mein erster Versuch mit natürlichen Farben.

Zugegebenermaßen: Annatto ist nun nicht der erste Farbstoff, an den man bei natürlichen Farben so denkt. Andere fangen mit Zwiebelschalen an. Ich war aber zufällig auf der Jagd nach Kurkuma im Asialaden über die Annattosamen gestolpert und habe sie daher als erstes Projekt ausprobiert.

Gekostet haben sie 2,99€ für 100g und waren relativ ergiebig. Komplett ausgenutzt habe ich den Farbsud wohl auch nicht.

So bin ich vorgegangen:

15g Alaun
60g Annattosamen
50g reine Wolle
Aluminiumtopf

1. Wolle will vorgebeizt sein. Das öffnet wohl die Fasern, damit sie den Farbstoff aufnehmen können. Ich habe dafür 15g Alaun in Wasser aufgelöst und die Wolle im lockeren Strang (locker ist wichtig für ein gleichmäßiges Ergebnis!) in der Lösung langsam (!! sonst verfilzt die Wolle) aufkochen lassen. Etwa eine Stunde habe ich sie am Siedepunkt gehalten und dann die Wärme abgestellt um sie ebenso langsam wieder abkühlen zu lassen.Das ist der Beizvorgang.

2. An einigen Stellen steht, dass man Annattosamen eine Nacht in Wasser vorquellen lassen soll. Dann soll man sie zerstampfen und damit den Färbesud ansetzen. Ich wollte schnell Ergebnisse und konnte es nicht erwarten anzufangen. Also habe ich mir das einlegen gespart und die Samen direkt etwa eine Stunde aufgekocht. Mit der Zeit wurden sie weich, so dass ich sie im Mörser zerstampfen konnte. Hätte ichs mal nicht getan. Keine Ahnung, ob der rote Schmier aus dem Mörser jemals wieder raus geht. Das Wasser wurde schon merklich gelb/orange. Diesen Sud habe ich wieder abkühlen lassen, da Wolle ja keine großen Temperatursprünge mag.

3. Der Farbsud war wieder kühl, also habe ich die gebeizte Wolle reingetan. Wieder das selbe Spiel: Laaaaangsam erwärmen bis zum Siedepunkt. Temperatur für etwa eine Stunde halten. Laaaaangsam wieder abkühlen lassen.

4. Ausspülen. Trocknen lassen.

Mein Ergebnis war umwerfend: Ein wunderschönes tiefes Orangegelb.

Weil ich neugierig war habe ich noch 3m sehr dünne Baumwolle in den ausgelutschten Farbsud gelegt und aufkochen lassen. Das habe ich dann noch über Nacht stehen lassen. Das Ergebnis seht ihr unter dem Wollstrang: Die Baumwolle hat ein zartes Apricot angenommen. Ist ganz okay, aber kein Highlight.

Irgendwo habe ich gelesen, dass Annattofärbung nicht lichtecht sei, dass es also mit der Zeit verbleicht. Ich werde das beobachten und berichten. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass der Farbton schon vier Wochen später von dem tiefen orangegelb zu einem senfgelb geworden ist.